Der Entzug von Wohneigentum

Der Entzug von Wohneigentum
13.06.2018

§ 18 des Wohnungseigentumsgesetzes gibt den Mitgliedern einer Wohnungseigentümergemeinschaft die Möglichkeit, einen Wohnungseigentümer zur Veräußerung seines Wohneigentums zu zwingen. Dabei stellt der Entzug von Wohneigentum den schwerwiegendsten Eingriff in die Rechte eines Mitgliedes einer Wohnungseigentümergemeinschaft dar, der vorstellbar ist. Artikel 14 des Grundgesetzes enthält die Eigentumsgarantie. Damit diese gewährleistet bleibt, ist der Entzug von Wohneigentum an strenge Voraussetzungen geknüpft.

Der Weg zum Entzug des Wohneigentums ist umständlich. Die Schwierigkeiten sind aber berechtigterweise wieder dem Umstand geschuldet, dass der Entzug des Wohneigentums der schwerwiegendste Eingriff in die Rechte eines Wohnungseigentümers ist. Gemäß § 18 Wohnungseigentumsgesetz ist zunächst eine Beschlussfassung der Wohnungseigentümer erforderlich, dass der betroffene Wohnungseigentümer zur Veräußerung seines Wohneigentums gezwungen werden soll. Dieser Beschluss ist anfechtbar. Wurde er durch das Gericht bestätigt oder wegen fehlender Anfechtung bestandskräftig, müssen die Wohnungseigentümer eine Klage auf Entzug des Wohneigentums gegen den betroffenen Wohnungseigentümer anstreben. Ist die Klage erfolgreich, kann jeder Wohnungseigentümer dann die Zwangsversteigerung aus diesem Urteil betreiben.

Entzug von Wohneigentum wegen Beitragsrückständen

Gesetzlich ausdrücklich geregelt ist dabei, dass die Wohnungseigentümer ein Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft zur Veräußerung seines Wohneigentums zwingen können, wenn er sich mit seiner Verpflichtung zur Lasten- und Kostentragung in Verzug befindet. Jedem Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft muss bei Erwerb des Wohnungseigentums bewusst sein, dass die Gemeinschaft nur handlungsfähig ist, wenn ihr die erforderlichen finanziellen Mittel an die Hand gegeben werden. Eine Insolvenz der Wohnungseigentümergemeinschaft ist ausgeschlossen. Die Wohnungseigentümergemeinschaft ist nicht insolvenzfähig, so dass sie auch niemals gesetzlich in der Lage wäre, eine Überschuldung durch die Durchführung eines Insolvenzverfahrens beseitigen zu können. Deshalb müssen alle Wohnungseigentümer ihrer Verpflichtung zur Tragung der Kosten und Lasten gemäß § 16 des Wohnungseigentumsgesetzes nachkommen, um eine Zahlungsunfähigkeit nicht entstehen zu lassen. Verstößt ein Wohnungseigentümer gegen diese Verpflichtung zur Tragung der anteiligen Kosten und Lasten, begeht er eine schwere Pflichtverletzung, die den Entzug des Wohnungseigentums rechtfertigt.

Gemäß § 16 Wohnungseigentumsgesetz gehören zu den Lasten und Kosten, die zu einem Entzug des Wohneigentums führen können, insbesondere die Kosten für die Instandhaltung, Instandsetzung und die Verwaltung sowie die Bewirtschaftungskosten des gemeinschaftlichen Eigentums. Es handelt sich also im Regelfall um die Kosten, die im Rahmen der Beschlussfassung über den Wirtschaftsplan als monatliche Vorauszahlung oder im Rahmen der Beschlussfassung über die Wohngeldabrechnung als Nachzahlungsforderung vom Wohnungseigentümer verlangt werden. Auch Kosten und Lasten, die im Rahmen einer Sonderumlage beschlossen werden, gehören zu den Zahlungsverpflichtungen, die beim Entzug des Wohneigentums berücksichtigt werden können.

Die Höhe des Zahlungsrückstandes muss dabei mindestens 3 Prozent des Einheitswertes des Wohneigentums erreichen. Wie hoch der Einheitswert des Wohneigentums ist, erfährt die Wohnungseigentümergemeinschaft vom Finanzamt. Zwar haben die Finanzbehörden das Steuergeheimnis zu beachten. § 18 Wohnungseigentumsgesetz besagt aber ausdrücklich, dass ein Verstoß gegen das Steuergeheimnis nicht vorliegt, wenn die Wohnungseigentümergemeinschaft über die Höhe des Einheitswertes eines Wohneigentums informiert wird. Die Dauer des Zahlungsverzuges muss mindestens 3 Monate betragen.

Eine Abmahnung als Voraussetzung für einen Beschluss, der den Wohnungseigentümer zur Veräußerung seines Wohneigentums wegen erheblicher Zahlungsrückstände gemäß § 18 Abs. 2 Nr. 2 Wohnungseigentumsgesetz verpflichtet, bedarf es nicht. Allerdings kann der Wohnungseigentümer den Entzug des Wohneigentums durch den vollständigen Ausgleich aller Rückstände, einschließlich aller angefallenen Verfahrenskosten, noch verhindern. Zahlt er sämtliche Forderungsrückstände, einschließlich aller angefallenen Verfahrenskosten für das gerichtliche Entzugsverfahren und die bislang angefallenen Versteigerungskosten, bis zum Zuschlag im Zwangsversteigerungsverfahren, wird das Entziehungsurteil wirkungslos. Die Zwangsversteigerung kann er auf diese Weise abwehren.ortant;}”]

Entzug von Wohneigentum wegen wiederholtem Verstoß gegen § 14 Wohnungseigentumsgesetz

§ 14 des Wohnungseigentumsgesetzes legt dem Wohnungseigentümer die Pflicht auf, die in seinem Sondereigentum stehenden Gebäudeteile instandzuhalten und ggf. instandzusetzen, vom gemeinschaftlichen Eigentum nur in solcher Weise Gebrauch zu machen, dass die anderen Wohnungseigentümer hierdurch nicht beeinträchtigt werden und die Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums zu dulden, auch wenn hierzu das Betreten seiner Sondereigentumseinheit erforderlich ist. Verstößt der Wohnungseigentümer wiederholt gegen diese Verpflichtungen, kann der Entzug des Wohneigentums erwogen werden.

Voraussetzung für den Entzug des Wohneigentums ist im Rahmen dieses Grundes, dass der betroffene Wohnungseigentümer nach der Verletzung seiner Pflichten nach § 14 Wohnungseigentumsgesetz abgemahnt wird. Dabei müssen die Pflichtverletzungen erheblich sein, damit eine Abmahnung überhaupt ausgesprochen werden kann. Wiederholt der Wohnungseigentümer die Pflichtverletzungen trotz Abmahnungen noch einmal mindestens zweimal, kann von den Wohnungseigentümern der Entzug des Wohneigentums beschlossen werden.

Entzug von Wohneigentum nach der Generalklausel

Aber nicht nur der Zahlungsrückstand in Höhe von 3% des Einheitswertes des Wohneigentums oder die wiederholte gröbliche Verletzung von Verpflichtungen zur Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums trotz Abmahnung kann ein Recht der übrigen Wohnungseigentümer begründen, die Veräußerung des Wohneigentums vom betroffenen Wohnungseigentümer zu verlangen. Auch wenn die Fortsetzung der Gemeinschaft mit dem betroffenen Wohnungseigentümer für die anderen im Sinne des § 18 Abs. 1 Wohnungseigentumsgesetz – der Generalklausel – nicht mehr zumutbar ist, kann der Entzug von Wohneigentum verlangt werden.

Ob die Grenze der Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Gemeinschaftsverhältnisses mit dem betroffenen Wohnungseigentümer erreicht ist, ist eine Frage des Einzelfalls. Es ist eine Abwägung vorzunehmen, ob das Interesse des betroffenen Wohnungseigentümers am Erhalt seines Wohneigentums höher wiegt als das Interesse der übrigen Wohnungseigentümer an der Beendigung des Gemeinschaftsverhältnisses mit diesem. Wird die Gemeinschaft durch das Verhalten des betroffenen Wohnungseigentümers annähernd handlungsunfähig, etwa weil die Wohngelder stets verspätet oder sogar nur nach Abschluss einer Zahlungsklage geleistet werden, oder sind die übrigen Wohnungseigentümer eingeschüchtert, so dass es ihnen bereits schwer fällt, ihr Stimmrecht auszuüben oder wird mutwillig das gemeinschaftliche Eigentum beschädigt, kann ein Entzug des Wohneigentums in Frage kommen. Erscheint es allerdings möglich, dass die Pflichtverletzungen vom betroffenen Wohnungseigentümer bereits dann eingestellt werden, wenn eine Klage auf Unterlassen dieser Pflichtverletzung erhoben wird und kommt es zukünftig nicht mehr zu Auseinandersetzungen in der Gemeinschaft, entfällt ein Recht auf Entzug von Wohneigentum.

Voraussetzung für die Geltendmachung eines Rechts auf Entzug von Wohneigentum nach der Generalklausel gemäß § 18 Abs. 1 Wohnungseigentumsgesetz ist, dass dem betroffenen Wohnungseigentümer eine Abmahnung erteilt wurde, mit der deutlich gemacht wird, dass der Entzug des Wohneigentums droht, wenn er die Pflichtverletzungen nicht unterlässt. Wie zuvor bereits erklärt, fordern manche Gerichte vor der Beschlussfassung über den Entzug des Wohneigentums zusätzlich, dass die Unterlassung der Pflichtverletzung gerichtlich durchgesetzt wurde. Erst wenn auch die gerichtliche Auseinandersetzung nicht den Erfolg bringt, dass das Gemeinschaftsverhältnis nach der Betrachtung eines objektiven Dritten in Zukunft zufriedenstellend fortgesetzt werden kann, ist der Entzug des Wohneigentums möglich. Auf der LEWENTO Akademie finden Sie hierzu praxisrelevante und verständliche Webinare. Durch GROSS Rechtsanwaltsgesellschaft mbH kompakt und klar vermittelt.

Autor: GROSS Rechtsanwaltsgesellschaft mbH

Bildnachweis: bolsher/Shutterstock.com


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