Wie alt darf ein Mietspiegel sein?

Wie alt darf ein Mietspiegel sein?
03.01.2020

Wie alt darf ein Mietspiegel sein?

In § 558a Abs. 4 BGB heißt es „Ist in dem Zeitpunkt, in dem der Vermieter seine Erklärung abgibt, kein Mietspiegel vorhanden, … so kann auch ein anderer, insbesondere ein veralteter Mietspiegel … verwendet werden.“ Doch wie alt darf der Mietspiegel sein? Der BGH hat nun entschieden, dass ein 20 Jahre alter Mietspiegel für die Begründung eines Mieterhöhungsverlangens ungeeignet ist. (BGH, Urteil vom 16. Oktober 2019 – VIII ZR 340/18).
Es gibt eine große Anzahl von Gemeinden, in denen keine aktuellen Mietspiegel existieren. Hier stehen Vermieter – die keine Kenntnis von Vergleichswohnungen haben – vor der Frage, wie ein Mieterhöhungsverlangen begründet werden kann. Neben dem Mietspiegel und den Vergleichswohnungen nennt das Gesetz auch die Mietdatenbank oder ein Sachverständigengutachten als Begründungsmittel. Mietdatenbanken gibt es kaum und Sachverständigengutachten sind teuer. Zwar sind theoretisch auch andere Begründungsmittel denkbar, praktische Bedeutung haben sie aber kaum. Hier finden Sie passende Muster zu einer Mieterhöhung.

Das BGB hilft den Vermietern hier mit der oben zitierten Vorschrift weiter. Ein Mieterhöhungsverlangen kann auch auf einen veralteten Mietspiegel (oder den einer vergleichsbaren Nachbargemeinde (siehe Beitrag Mieterhöhung – Wann sind Gemeinden vergleichbar?) gestützt werden.
In dem vom BGH zu entscheidenden Fall hatte der Vermieter das Mieterhöhungsverlangen aus dem Jahr 2017 mit dem Mietspiegel 1998 begründet.
Der BGH hält dies für formell unwirksam. Das Begründungserfordernis hat den Zweck, dem Mieter die Möglichkeit zu geben, die sachliche Berechtigung des Erhöhungsverlangens zu überprüfen. Ein 20 Jahre alter Mietspiegel beruhe demgegenüber aber auf Tatsachen und Erhebungen, die überholt seien. Bereits auf den ersten Blick werde deutlich, dass dieses Begründungsmittel ungeeignet sei, weil die in § 558 BGB genannten Wohnwertmerkmale, nach denen sich die Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete für eine Wohnung richtet, typischerweise mit fortschreitender Zeit einem Wandel unterliegen.

„So können etwa im Laufe der Zeit bestimmte Einrichtungen, die einer Wohnung besonderen Wert verleihen und deshalb Gegenstand eines Mietspiegels sind, zur Standardausstattung werden. Auch kann die Bewertung einer (Wohn-)Lage durch mit der Zeit auftretende strukturelle Veränderungen beeinflusst werden.“
Diese Begründung vermag nicht zu überzeugen. Ob dieser typischerweise auftretende Wandel in Magdeburg tatsächlich stattgefunden hat, ist – zumindest nach der Begründung der Entscheidung – nicht geprüft worden. Interessant ist, dass in Magdeburg die Mieten in den letzten 20 Jahren offensichtlich nicht erheblich gestiegen sind. Gegebenenfalls haben sich die Grundlagen nicht geändert.
Der Vermieter hatte die Zustimmung zur Mieterhöhung auf 4,55 €/m² verlangt. Die Spanne des Mietspiegels 1998 weist Mieten zwischen 9 DM und 14 DM aus, also höhere Beträge als die verlangten. Ob dies schon als Argument heranzuziehen ist, dass die Grundlagen für den 1998er Mietspiegel heute nicht mehr gelten, ist zumindest nicht offenkundig.
Bedauerlicherweise lässt der BGH die Frage offen, ab wann ein Mietspiegel zu alt ist. Er musste diese Frage auch nicht entscheiden. Kürzlich wurde die Verfasserin dieses Beitrags gefragt, ob auf einen Mietspiegel aus dem Jahr 2011 ein Mieterhöhungsverlangen gestützt werden kann. Die Frage kann hier nur mit dem für Juristen typischen „es kommt darauf an“ beantwortet werden. Wenn sich die Wohnlagen in der Gemeinde in den letzten 8 Jahren geändert haben, wenn es andere strukturelle Veränderungen in der Gemeinde gab, dürfte bereits ein acht Jahre alter Mietspiegel zu alt sein.

Autor: GROSS Rechtsanwaltsgesellschaft mbH

Bildnachweis: Pixabay


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