Betretungsrecht des Vermieters

Betretungsrecht des Vermieters

Wann der Vermieter die Wohnung besichtigen darf

11.04.2024
Nach gefestigter Rechtsprechung der Gerichte ist eine Klausel im Mietvertrag, wonach Vermieter einmal jährlich die Wohnung besichtigen dürfen unwirksam. Vermieter haben nur dann Anspruch auf Zutritt zu Wohnung, wenn ein sachlicher Grund vorliegt. Hintergrund ist hier Art. 13 GG. „Die Wohnung ist unverletzlich“. Dies kann staatlichen Behörden entgegengehalten werden. Doch kann dies auch einem Arbeitgeber eines im Homeoffice Mitarbeitenden entgegengehalten werden oder gar dem Vermieter, dem die Wohnung ja schließlich im Regelfall gehört?

Über das Arbeitsrecht schreiben wir nicht. Das Verhältnis von Mietern und Vermietern interessiert uns mehr und die Frage: Wann liegt ein sachlicher Grund vor?
Eindeutig ist dies bei baulichen Maßnahmen in der Wohnung, seien es Instandsetzungs- oder Modernisierungsmaßnahmen. Es besteht ein Anspruch auf Zutritt, wenn beispielsweise Rauchwarnmelder eingebaut oder Schimmel beseitigt werden soll. Es besteht auch dann Anspruch auf Zutritt, wenn Zähler abgelesen werden sollen oder das Ergebnis der Baumaßnahmen geprüft werden soll. Wenn die Wohnung verkauft wird, können Kaufinteressenten die Wohnung besichtigen oder im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses auch Mietinteressenten. In diesem Fall ist zu beachten, dass Mieter einer Wohnung dies dulden müssen, aber nicht unbegrenzt. Die Besichtigung muss vorher angekündigt werden – ca. eine Woche – und zu üblichen Zeiten werktags stattfinden. Ungefähr eine Besichtigung alle zwei Wochen ist hier möglich. Eine Massenbesichtigung von 150 Mietinteressenten muss kein Mieter dulden, eine Besichtigung mit vier Interessenten schon.

Einzelheiten zur Geltendmachung und Durchsetzung des Besichtigungsrechts finden Sie hier.

Bisher offen war die Frage, ob der Vermieter die Wohnung zur Bestandsaufnahme und mit dem ausdrücklichen Ziel einer Mieterhöhung besichtigen und hierzu einen Sachverständigen mitnehmen kann. Dies hat der BGH nun entschieden.

Bestandsaufnahme zur Mieterhöhung

Was war passiert? Zwischen Mieter und Vermieter besteht seit 2014 ein Mietvertrag über eine Doppelhaushälfte. Die Miete wurde bislang nicht erhöht. Der Vermieter möchte nun eine Mieterhöhung nach §§ 558ff BGB, also auf die ortsübliche Vergleichsmiete vornehmen. Dazu möchte er vorab mit einem Sachverständigen die Wohnung besichtigen. Der Mieter verweigert den Zutritt.

Zu Unrecht, wie die Gerichte entschieden. „Das Grundrecht des Mieters aus Art. 13 I GG, in seinen Mieträumen weitestgehend „in Ruhe gelassen zu werden“, tritt regelmäßig hinter dem über Art. 14 I GG geschützten Recht des Vermieters zurück, eine am örtlichen Markt orientierte, die Wirtschaftlichkeit der Mietsache sicherstellende Miete zu erzielen, zumal die mit einem solchermaßen veranlassten Zutritt einhergehenden Beeinträchtigungen regelmäßig lediglich geringfügiger Natur sein werden.“, so der BGH.

Dabei kommt es auch nicht darauf an, ob tatsächlich ein Sachverständigengutachten zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete erforderlich ist oder gar zur Begründung einer Mieterhöhung. Es ist nämlich so, dass ein Mieterhöhungsverlangen auch dann mit einem Sachverständigengutachten begründet werden kann, wenn der Sachverständige nur anhand von Angaben des Vermieters die Miete ermittelt und die Wohnung selbst nicht kennt. Der BGH hält es aber für sinnvoll, dass der Sachverständige die Wohnung kennt und führt aus: „Denn der Umstand, dass der Vermieter zur Wahrung der formellen Anforderungen eines Mieterhöhungsverlangens nicht zwingend darauf angewiesen ist, dass der mit der Erstellung eines Miethöhegutachtens beauftragte Sachverständige die Mieträumlichkeiten zuvor besichtigt hat, ändert nichts daran, dass … ein Interesse des Vermieters daran besteht, eine Mieterhöhungserklärung, die im Fall einer fehlenden Zustimmung des Mieters die Grundlage eines prozessualen Klagebegehrens bilden kann, unter Beachtung sämtlicher Einzelfallumstände auch in materiell-rechtlicher Hinsicht rechtssicher zu erklären. Dies bedingt, dass die Beschaffenheit der Wohnung iSd § 558 II BGB aufgrund einer – regelmäßig gebotenen – Besichtigung möglichst realitätsnah in die Begutachtung und damit in die durch den Sachverständigen ermittelte ortsübliche Vergleichsmiete einfließt.“ Dass der Sachverständige die Wohnung gesehen habe, könne helfen, weitere Rechtstreite zu vermeiden. – BGH, Hinweisbeschluss vom 28.11.2023, Az. VIII ZR 77/23

Fazit

Der Mieter kann sich zwar auf die Unverletzlichkeit der Wohnung berufen, ist aber bei Vorliegen eines sachlichen Grundes verpflichtet, den Zutritt zur Wohnung durch den Vermieter und / oder beauftragte Dritte zu dulden. Ein sachlicher Grund ist auch dann gegeben, wenn der Vermieter eine Bestandsaufnahme der Wohnung machen will, um die Miete zu erhöhen.

Autorin: Katharina Gündel, GROSS Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
Bildnachweis: Pixabay

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