„Das habe ich nicht erhalten“ und nun?

„Das habe ich nicht erhalten“ und nun?
30.06.2021

„Das habe ich nicht erhalten“ und nun?

Zu den Einwendungen, die Mieter am häufigsten erheben, gehört der Satz „das habe ich nicht bekommen“. Diesen Satz hören wir in Zustimmungsverfahren zu Mieterhöhungen, bei der Geltendmachung von Betriebskostenabrechnungen, in Duldungsverfahren zu Modernisierungs- oder Instandsetzungsarbeiten aber auch in Kündigungsprozessen. Als Vermieter stellen sich dann die Fragen, reicht die pünktliche Absendung der Schreiben und welche Schreiben muss der Mieter auch wirklich erhalten; muss ich, als Vermieter, das beweisen, und wie kann ich die Zustellung sicherstellen und dann auch beweisen.

Vorab ist die Frage zu klären, wie Sie mit dem Mieter kommunizieren können. Für die Erklärungen an Mieter, mit denen Sie Ansprüche geltend machen – wie Mieterhöhungen, Modernisierungsankündigungen – oder Abrechnungen erteilen – wie die Betriebskostenabrechnung ist meist die Erklärung in Textform abzugeben. Textform bedeutet, dass eine lesbare Erklärung, in der der Erklärende genannt ist, auf einem dauerhaften Datenträger abgegeben wird. Auch E-Mails oder SMS oder Nachrichten in Messengerdiensten erfüllen diese Voraussetzungen. Allerdings ist eine solche Erklärung nur dann wirksam, wenn der oder die Mietende auch das Einverständnis in eine derartige Kommunikation erklärt hat. Sicherer ist immer noch der Weg der Kommunikation per Brief. Kündigungen im Wohnraummietverhältnis sind schriftlich zu erklären, das heißt auf einem Blatt Papier und unterschrieben oder elektronisch und dann qualifiziert elektronisch signiert. Derzeit ist also auch hier ein Brief Mittel der Wahl.

Grundsätzlich gilt, dass der Mieter diese Briefe auch erhalten muss. Sie müssen so in seinen Machtbereich gelangen, dass unter normalen Umständen mit einer Kenntnisnahme zu rechnen ist. Das bedeutet in der Regel, dass Sie in seinen Briefkasten eingeworfen werden müssen.

Im Mietrecht ist es so, dass der Erklärende beweisen muss, dass der Brief in den Briefkasten eingeworfen wurde und wann dies war bzw. dass die E-Mail in das E-Mail-Postfach eingegangen ist. Nur der Beweis des Versands reicht nicht. Es gibt keine Regel, die besagt, dass ein versandtes Schreiben auch tatsächlich zugeht. Dies gilt ebenso für E-Mails.

Wie der technische Beweis des Zugangs von E-Mails funktioniert soll hier nicht erläutert werden, sondern der derzeit noch häufigere Fall des Zugangs der Papierpost. Am sichersten ist es, Briefe über einen Boten zustellen zu lassen. Der Bote gibt den Brief entweder ab oder wirft ihn in den Briefkasten. Wir empfehlen genau zu vermerken, wer ein Schreiben ausgefertigt, unterschrieben und dann in den Briefumschlag getan und dann dem Boten übergeben hat. Diese Person bzw. diese Personen können dann als Zeugen benannt werden, dass in einem bestimmten Umschlag eben auch das Zustimmungsverlangen zur Mieterhöhung vorhanden war. Wenn der Bote nur ein Schreiben zustellen soll, bitten Sie ihn um eine Nachricht, wann er dies wie (Übergabe oder Briefkasten) getan hat. Wenn der Bote mehrere Schreiben zustellen soll, z.B. wenn der oder die Hauswartin Betriebskostenabrechnungen in der Wohnanlage verteilt, hilft eine vorgefertigte Liste, auf der dann die Namen von denjenigen Personen abgehakt werden, die das Schreiben erhalten haben. In einem Rechtsstreit würde dann der Bote als Zeuge für die Zustellung benannt werden.

Noch sicherer, aber auch wesentlich teurer ist die Zustellung durch den Gerichtsvollzieher. In den meisten Fällen, dürfte dies zu aufwendig sein.

Eine andere Möglichkeit wäre es, das Schreiben per Einwurfeinschreiben zu versenden. Hier kann der Vermieter zwar in der Regel nicht beweisen, dass das Schreiben wirklich in den Briefkasten gelangt ist. Aber es gibt hier den so genannten Anscheinsbeweis, dass dies so war. Voraussetzung ist, dass der Briefkasteneinwurf dokumentiert ist und dieses Dokument bei Gericht vorgelegt werden kann. Diese Dokumentation kann bei dem Postdienstleister meist online eingesehen aber auch angefordert werden. Um diesen Anscheinsbeweis zu widerlegen, müsste ein Mieter beweisen, dass die Dokumentation falsch ist. Dies wird in den seltensten Fällen gelingen. Sie sollten daher, wenn Sie Schreiben per Einwurfeinschreiben versenden sich eine Wiedervorlage notieren, um zu prüfen, ob das Schreiben in den Briefkasten eingeworfen wurde und diese Datei dann auch zu speichern. Die Postdienstleister heben diese Daten leider nicht ewig auf.

Der Versand per einfachem Brief oder Standardeinschreiben sind nicht zu empfehlen, hier existiert dieser Anscheinsbeweis nicht. Bei Einschreiben mit Rückschein ist dies umstritten.

Zuletzt entschied das Amtsgericht Gelsenkirchen, dass der Vermieter beweisen müsse, dass das Standardeinschreiben mit der Bitte um Zustimmung zur Mieterhöhung dem Mieter auch zugegangen ist. Der Vermieter konnte dies nicht beweisen, ein Anscheinsbeweis lag ebenso nicht vor, so dass die Zustimmungsklage zur Mieterhöhung unzulässig war (Urteil vom 19.1.2021, Az. 204 C 166/20). In dem dortigen Fall muss der Vermieter nun das Mieterhöhungsverlangen wiederholen, dem Mieter zustellen und gegebenenfalls Zustimmungsklage erheben. Er hat hier mindesten sechs Monate verloren.

Fazit

Stellen Sie Betriebskostenabrechnungen und Mieterhöhungsverlangen aber auch Modernisierungsankündigung entweder durch Boten zu oder per Einwurfeinschreiben. Im letzten Fall speichern Sie die Sendungsnachverfolgung! Wenn Sie Fragen zu Ihrem konkreten Fall und zur konkreten Vorgehensweise haben, wenden Sie sich bitte an GROSS Rechtsanwaltsgesellschaft mbH.

Autor: GROSS Rechtsanwaltsgesellschaft mbH

Bildnachweis: Pixabay


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