Beweislast im Betriebskostenrecht bei der Frage “Der Hausmeister hat seine Arbeit nicht ordentlich gemacht”
Die Betriebskostenabrechnung ist ein jährlich wiederkehrender Streitpunkt zwischen Vermieter und Mieter. Wenn die Abrechnung einmal erstellt ist, beginnt der Ärger in vielen Mietverhältnissen nämlich erst, wenn sich Mieter und Vermieter über die Inhalte der abgerechneten Positionen streiten. Ein viel gehörter Satz bei der Widerspruchsbearbeitung ist: „Der Hausmeister hat seine Arbeit nicht ordentlich gemacht“, wobei der „Hausmeister“ durch beliebige Dienstleister im Objekt ersetzt werden kann. Die Frage, die sich bei einem solchen Widerspruch stellt ist, welche Tatsachen muss der Vermieter für die Begründung seiner Nachforderung aus der Betriebskostenabrechnung überhaupt darlegen und beweisen? Wer trägt die Beweislast?
Grundsätzliche Fragestellung
Allgemein bekannt ist der Grundsatz, wer was haben will, der muss die anspruchsbegründenden Tatsachen beweisen. Hier will der Vermieter die Kosten z.B. der Treppenhausreinigung durch den Hausmeister haben. Daraus macht das allgemeine Gerechtigkeitsgefühl dann häufig folgende Schlussfolgerungen: Der Vermieter hat den Hausmeister beauftragt und will die Kosten dafür im Rahmen der Betriebskostenabrechnung vom Mieter anteilig erstattet erhalten. Folglich müsste der Vermieter beweisen, dass der Mieter die Dienstleistung, die er schließlich bezahlen soll, auch erhalten hat. Dieser Gedanke entspringt aber nicht dem Betriebskostenrecht, sondern dem Dienstleistungsrecht.
Das Dienstleistungsrecht ist in Grundzügen jedenfalls den meisten Menschen bekannt, denn es begegnet uns viel häufiger als das Betriebskostenrecht. Wenn man einen Elektriker mit der Überprüfung der Stromversorgung beauftragt oder einen Handyvertrag abschließt, regelt das Dienstleistungsrecht die verschiedenen gegenseitigen Rechte. Daher lernt jedes Kind, dass man eine Leistung nur dann bezahlen muss, wenn man sie auch bekommen hat.
Dies ist auf das Betriebskostenrecht jedoch nicht übertragbar.
Abgrenzung zwischen Dienstleistungs- und Betriebskostenrecht
Im Dienstleistungsrecht schließen der Auftraggeber und der Auftragnehmer einen Vertrag. Der Auftragnehmer schuldet die vereinbarte Dienstleistung, z.B. das Reinigen des Treppenhauses, und der Auftraggeber schuldet die vereinbarte Vergütung. Erbringt der Auftragnehmer die vereinbarte Leistung nicht, kann der Auftraggeber die Entlohnung zurückbehalten. Streiten sich die Vertragsparteien darüber, ob eine Dienstleistung erbracht wurde oder nicht, muss der Auftragnehmer beweisen, dass er die Leistung erbracht hat, erst dann wird die Vergütung fällig oder erst dann „hat er sich den Lohn verdient“. In der Regel erfolgt dieser Nachweis durch die Vorlage von Arbeitsnachweisen.
Davon zu unterscheiden ist das Verhältnis zwischen Vermieter und Mieter. Der Vermieter ist hier nicht mit dem Auftragnehmer einer Dienstleistung im Verhältnis zum Mieter gleichzusetzten, denn der Mieter beauftragt schließlich nicht den Vermieter mit der Durchführung der Treppenhausreinigung. Es ist vielmehr der Vermieter, der im Rahmen der Objektbewirtschaftung als Auftraggeber einen dritten Auftragnehmer, nämlich den Hausmeister, mit der Durchführung der Dienstleistung, also der Reinigung des Treppenhauses beauftragt. Somit muss der Vermieter auch nicht nachweisen, dass das Treppenhaus gereinigt wurde, wofür er sich seinen „Lohn verdient“ hat. Denn der Vermieter hat das Treppenhaus ja nicht im Auftrag des Mieters gereinigt. Der Vermieter verlangt vom Mieter damit keinen Lohn für die erbrachte Dienstleistung, sondern nur den Ersatz der für die Bewirtschaftung des Objekts angefallenen Betriebskosten. Die Vergütung für die Dienstleistung hat der Vermieter bereits an den Hausmeister bezahlt. Damit kann die Beweislast bei der Frage, ob die Leistung überhaupt erbracht wurde und zu vergüten ist im Verhältnis zwischen Vermieter und Mieter nicht mit dem Verhältnis zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer verglichen werden. Denn der Vermieter erbringt keine Dienstleistung an den Mieter, denn der Vermieter putzt das Treppenhaus nicht im Auftrag des Mieters. Er legt vielmehr die von ihm verauslagten Kosten für die von ihm selbst beauftragte Dienstleistung auf den Mieter um, ohne dass die Reglungen des Dienstleistungsrechts hier zur Anwendung kommen können.
Im Verhältnis vom Vermieter zum Mieter sind somit nicht die Beweisreglungen des Dienstleistungsrechts anwendbar, sondern diejenigen des Betriebskostenrechts. Dazu sagt das Gesetz in § 556 Abs. 1 Satz 1 BGB, dass die Vertragsparteien vereinbaren können, dass der Mieter die Betriebskosten zu tragen hat. Voraussetzung für die Umlage der Betriebskosten ist damit nach dem Gesetz lediglich, dass Betriebskosten beim Vermieter angefallen sind und eine Umlagevereinbarung im Mietvertrag vereinbart wurde. Angefallen sind die Betriebskosten rein denklogisch aber bereits dann, wenn der Vermieter die Rechnung an den Dritten, den Hausmeister bezahlt hat.
Auf die Erbringung der Leistung kommt es damit für die Umlage der Betriebskosten nicht an. Grundsätzlich besteht ein Anspruch auf Zahlung der anteiligen Betriebskosten, wenn der Vermieter die Rechnung des Dienstleisters bezahlt und die Umlage im Mietvertrag vereinbart hat.
Wer trägt die Beweislast im Betriebskostenrecht?
Bleibt die Frage, wie die Fälle zu behandeln sind, in denen der Dienstleister seine Leistung nicht erbracht hat. Sicherlich kann es nicht die Lösung sein, dass der Vermieter ungeprüft die Rechnungen bezahlt und an den Mieter weiterbelastet, wenn gar keine Leistung erbracht wurde. Es ist aber ebenso fehlerhaft den Vermieter im Verhältnis zum Mieter die Position des Auftragnehmers aufzudrängen und entgegen dem Gesetzeswortlaut als weitere Voraussetzung für die Umlage der Betriebskosten die Erbringung der Leistung vorauszusetzten. Für dies würde dann der Vermieter die Beweislast tragen, obwohl er die Leistung gar nicht selbst erbracht hat.
Zieht man hier die Rechtsprechung des BGH und die Systematik des Gesetzes heran, kann man nur zu der Lösung kommen, dass es sich bei der Frage, ob die Dienstleistung gegenüber dem Auftragnehmer überhaupt zu vergüten gewesen wäre, um eine Frage des Wirtschaftlichkeitsgebots handelt.
Der allgemein bekannte Fall des Wirtschaftlichkeitsgebots ist der, dass der Mieter die Höhe der Vergütung angreift, weil die mit dem Dienstleister vereinbarte Vergütung für die Leistung zu hoch und von einem anderen Dienstleister günstiger erbracht worden wäre. Der Vermieter ist bei der Bewirtschaftung seines Objekts gehalten, dass Wirtschaftlichkeitsgebot zu beachten, mit anderen Worten nur solche Kosten zu veranlassen, die ein vernünftiger Eigentümer in einem selbst genutzten Objekt veranlassen würde. Berücksichtigung des Wirtschaftlichkeitsgebots heißt nichts anderes, als den Mieter nicht mit unnötig hohen Kosten zu belasten. Kauft der Vermieter zu teure Dienstleistungen ein, wird der Mieter mit unnötig hohen Kosten belastet und das ist ein Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot. Dieser Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot stellt eine Pflichtverletzung gegenüber dem Mieter dar und ist damit zu sanktionieren, dass der Vermieter nur die Bewirtschaftungskosten erhält, die bei Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots angefallen wären.
Die Differenz zu den umgelegten Kosten stellt einen Schadenersatzanspruch des Mieters dar, der in der Form geleistet wird, dass der Mieter diesen Teil der Betriebskosten zurückerhält, bzw. einfach gar nicht erst zahlt. Ob die Höhe der umgelegten Kosten gerechtfertigt ist und vom Mieter verlangt werden kann, richtet sich also danach, ob der Vermieter eine Pflicht bei der Beauftragung des Dienstleisters gegenüber dem Mieter verletzt hat, die dem Mieter einen Schadenersatzanspruch gewährt. Es kommt somit auf die schuldhafte Pflichtverletzung des Vermieters an, die nach allgemeinen Beweislastregeln vom Mieter zu beweisen ist, so der BGH in seiner Entscheidung vom 06.07.2011 – VIII ZR 340/10.
Für einen Anspruch des Mieters auf Kürzung einer Betriebskostenposition bedarf es mithin einer Pflichtverletzung des Vermieters im Mietverhältnis. Denn die Pflichtverletzung begründet einen Schadenersatzanspruch des Mieters auf Kürzung einzelner Betriebskostenpositionen. Die gleiche Interessenlage liegt jedoch auch vor, wenn die Dienstleistung zwar nicht zu teuer eingekauft wird, aber die vereinbarte Leistung nicht oder nicht wie vereinbart erbracht wurde. Auch in diesem Fall ist die tatsächlich erbrachte Leistung zu teuer. Nur dass hier die Pflichtverletzung des Vermieters nicht in der überhöhten Lohnabrede mit dem Auftragnehmer zu sehen ist, sondern sich auf einen späteren Zeitpunkt verlagert, nämlich dann, wenn sich der Mieter über eine Schlechtleistung oder Nichtleistung des Dienstleisters beschwert. Dann ist es die Pflicht des Vermieters im Rahmen seiner Pflicht, den Mieter nicht mit unnötig hohen Kosten zu belasten, seine Rechte als Auftraggeber gegenüber dem Auftragnehmer wahrzunehmen. Konkret bedeutet dies, bei vollständiger Nichtleistung, die Vergütung zurückzufordern oder bei Schlechtleistung diese abzumahnen und im äußersten Fall die Kündigung des Dienstleistungsverhältnisses vorzunehmen.
Damit hängt der Schadenersatzanspruch bzw. das Kürzungsrecht des Mieters auch in diesem Fall an einer schuldhaften Pflichtverletzung des Vermieters, nämlich seine Rechte als Auftraggeber aus dem Dienstleistungsvertrag gegenüber dem Auftragnehmer nicht wahrgenommen zu haben. Für die einen Schadenersatzanspruch begründende Pflichtverletzung des Vermieters trägt jedoch der Mieter die Darlegungs- und Beweislast. Somit muss der Mieter zunächst darlegen und beweisen, dass und in welchem Umfang der Dienstleister nicht seine vertraglich vereinbarten Leistungen erbracht hat (was der Mieter anhand der Vertragsunterlagen prüfen kann, für die ihm das Gesetz ein Einsichtsrechts zugesteht) und dass er dies rechtzeitig dem Vermieter angezeigt hat, damit dieser von seinen Rechten als Auftraggeber gegenüber dem Dienstleister gebrauch machen konnte. Denn nichts anderes schuldet der Vermieter im Rahmen der Betriebskostenumlage. Der Mieter muss die Pflichtverletzung darlegen und beweisen. Die Pflichtverletzung ist jedoch nicht, dass die Leistungen des Auftragnehmers nicht wie mit dem Auftraggeber vereinbart erfüllt wurden, sondern dass der Vermieter im Rahmen seiner Pflicht zur Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots seine Auftraggeberrechte nicht gegenüber dem Auftragnehmer wahrgenommen hat.
Folglich handelt es sich auch beim Einwand, der Dienstleister haben seine vereinbarten Pflichten nicht ausgeführt, um einen vom Mieter zu beweisenden Einwand gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot.
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Autor: GROSS Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
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