Welche Auswirkungen hat der Mietendeckel für Vermieter?

Welche Auswirkungen hat der Mietendeckel für Vermieter?
20.12.2019

Welche Auswirkungen hat der Mietendeckel für Vermieter?

Das Gesetz zur Mietenbegrenzung im Wohnungswesen in Berlin (MietenWoG Bln) – auch Mietendeckel genannt -, durchläuft derzeit das Parlament und soll Anfang des Jahres 2020 vom Abgeordnetenhaus beschlossen werden. Der vom Senat eingebrachte Entwurf kann während des Gesetzgebungsverfahrens noch jederzeit geändert werden.

Nachfolgend beantworten wir die wichtigsten Fragen, die sich für Vermieter stellen:

Soll das Gesetz für alle Wohnungen gelten?

Nein; ausgenommen wurde:
Wohnraum des öffentlich geförderten Wohnungsbaus;
Wohnraum für den Mittel aus öffentlichen Haushalten zur Modernisierung und Instandsetzung gewährt wurden und der einer Mietpreisbindung unterliegt;
Wohnraum in Wohnheimen sowie Wohnraum, den ein Träger der Wohlfahrtspflege zur Überlassung an eine bestimmte Personengruppe mietet oder vermietet.
Ausgenommen ist auch Wohnraum, der erstmalig ab dem 01.01.2014 bezugsfertig wurde.

Wann liegt ein Neubau vor, der vom Gesetz ausgenommen ist?

Entscheidend ist, ob der Bau nach dem 01.01.2014 fertiggestellt wurde. Die erstmalige Nutzung als Wohnung ist unerheblich. Umfangreiche Modernisierungen oder die bloße Umnutzung von bislang gewerblich genutzten Räumen genügen nicht zur Begründung eines Neubaus.

Erforderlich ist eine bauliche Tätigkeit, die neuen Wohnraum schafft, wie zum Beispiel der Dachgeschossausbau. Maßgebend für die Fertigstellung ist die Anzeige zur beabsichtigten Aufnahme der Nutzung des neugeschaffenen Wohnraumes nach § 83 der Berliner Bauordnung. Bei den häufig in Berlin anzutreffenden umfassenden Kernsanierungen (z.B. kompletter Neubau hinter historischen Fassade) dürfte es sich nach der Gesetzesbegründung nur in Ausnahmefällen um einen Neubau handeln.

Was bewirkt der Mietenstopp?

Im Regelfall darf keine Miete gefordert werden, die die am 18.06.2019 wirksam vereinbarte Miete überschreitet. „Miete“ meint dabei die Nettokaltmiete einschließlich aller Zuschläge für Mobiliar und Ausstattungsgegenstände. Bei Staffel- und Indexmieten ist die am 18.06.2019 geschuldete Miete maßgeblich.

Auf welche Höhe werden die Mieten „gedeckelt“? / Welche Mietobergrenzen gelten?

Das Gesetzt enthält eine Tabelle. Darin werden die zulässigen Nettokaltmieten in Abhängigkeit von Alter und Ausstattung der Wohnung begrenzt:

Erstmalige Bezugsfertigkeit der Wohnung und AusstattungMietpreis pro Quadratmeter
bis 1918 mit Sammelheizung und mit Bad6,45 Euro
bis 1918 mit Sammelheizung oder mit Bad5,00 Euro
bis 1918 ohne Sammelheizung und ohne Bad3,92 Euro
1919 bis 1949 mit Sammelheizung und mit Bad6,27 Euro
1919 bis 1949 mit Sammelheizung oder mit Bad5,22 Euro
1919 bis 1949 ohne Sammelheizung und ohne Bad4,59 Euro
1950 bis 1964 mit Sammelheizung und mit Bad6,08 Euro
1950 bis 1964 mit Sammelheizung oder mit Bad5,62 Euro
1965 bis 1972 mit Sammelheizung und mit Bad5,95 Euro
1973 bis 1990 mit Sammelheizung und mit Bad6,04 Euro
1991 bis 2002 mit Sammelheizung und mit Bad8,13 Euro
2003 bis 2013 mit Sammelheizung und mit Bad9,80 Euro

Die Werte erhöhen sich bei moderner Ausstattung um 1,00 Euro. Es müssen hierfür mindestens drei der folgenden Merkmale vorhanden sind:

  • schwellenlos erreichbarer Aufzug,
  • Einbauküche,
  • hochwertige Sanitärausstattung,
  • hochwertiger Bodenbelag in der überwiegenden Zahl der Wohnräume,
  • Energieverbrauchskennwert von weniger als 120 kWh/(m² a)

In Gebäuden mit nicht mehr als zwei Wohnungen, erhöht sich die Mietobergrenze 10 %.

Sind die Mietobergrenzen nach der Tabelle fest?

Nein; die Senatsverwaltung kann die Obergrenzen zwei Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Anpassung an die Reallohnentwicklung in Berlin fortschreiben. Die Obergrenzen sind dabei am Verhältnis von Nominallohn zu Preisniveau auszurichten. Zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit ist von der Senatsverwaltung ein gerechter Ausgleich mieter- und vermieterseitigen Interessen herzustellen.

Was gilt für Mietverträge, die nach dem 18.06.2019 geschlossen werden?

Bei erstmaliger Vermietung ist dann maßgeblicher Stichtag bzgl. des Mietenstopps der Beginn des Mietverhältnisses. Die Obergrenzen nach der Tabelle sind gleichfalls einzuhalten. Wird ein Wohnraum erneut vermietet, darf die Nettokaltmiete nicht die des Vorgängers überschreiten. Lag die Miete über dem Tabellenbetrag, ist dieser maßgeblich. Es käme demnach der Neuvermietung zur einer Absenkung der Miete.

Die Miete kann jedoch bei der Wiedervermietung um maximal 1,00 Euro/m² erhöht werden, wenn die zulässige Miete weniger als 5,02 Euro/m² beträgt und wiederum eine moderne Ausstattung vorliegt. Mietobergrenze sind dann 5,02 Euro/m².

Was besagt der Inflationsausgleich?

Ab 2022 darf die Miete jährlich den Prozentsatz der Inflation seit dem Stichtag steigen, höchstens jedoch um 1,3 %. Dies gilt für Miete die zum 18.06.2019 oder bei späterer Erstvermietung zum Beginn des Mietverhältnisses wirksam vereinbart war. Dabei darf die Grenze aus der Mietentabelle, unter Berücksichtigung einer etwaigen Mieterhöhung nach Modernisierung, nicht überschritten werden. Die jährliche Anpassung der Höchstwerte erfolgt also nur, wenn die Mietobergrenzen noch nicht überschritten sind.

Für die Erhöhung bedarf es eines Mieterhöhungsverlangens, welches den Anforderungen des BGB entsprechend muss.

Sind Modernisierungen weiterhin möglich?

Modernisierungen bleiben weiterhin möglich, können allerdings in einem geringeren Maße auf die Miete umgelegt werden. Die Umlagemöglichkeit besteht für Kosten einer Modernisierungsmaßnahme

  • aufgrund einer gesetzlichen Verpflichtung,
  • zur Wärmedämmung der Gebäudehülle, der Kellerdecke, der obersten Geschossdecke oder des Daches,
  • zur Nutzung erneuerbarer Energien,
  • zur energetischen Fenstererneuerung,
  • zum Heizanlagenaustausch,
  • zum Aufzugsanbau,
  • zum Abbau von Barrieren durch Schwellenbeseitigung, Türverbreiterung oder Badumbau.

Dies ist der Investitionsbank Berlin lediglich anzuzeigen, wenn sich die Miete nicht um mehr als 1,00 Euro/m² und die Mietobergrenzen nach der Tabelle nicht um mehr als 1,00 Euro/m² erhöht. Zu beachten ist vor allem, dass bei mehrfachen Modernisierungen nur insgesamt bis zu 1,00 Euro/m² erhöht werden kann und andere als die in der Aufzählung genannten Modernisierungskosten nicht umlegbar sind.

Können auch höhere Mieten als die nach Mietendeckel genehmigt werden (Härtefälle)?

Die Investitionsbank Berlin kann auf Antrag für das laufende und alle nachfolgenden Mietverhältnisse eine angemessene Erhöhung der Miete genehmigen, wenn dies aus Gründen, die nicht im Verantwortungsbereich des Vermieters liegen, erforderlich ist. Es handelt sich um einen sogenannten Härtefall. Dieser liegt insbesondere vor, wenn die Beibehaltung der bisherigen Miete auf Dauer zu Verlusten oder zur Substanzgefährdung der Mietsache führen würde. Unbillig ist die Härte auch, wenn mit den Mieteinnahmen die Erfüllung einer Rechtspflicht nicht refinanzierbar ist. Die Genehmigung gilt für laufende und nachfolgende Mietverhältnisse. Wird die höhere Miete genehmigt, kann dann wiederum auf Antrag an einkommensschwache Mieter zur Kompensation besonderer Härten ein Mietzuschuss geleistet werden.

Was folgt bei sogenannten überhöhten Mieten?

Nach dem Gesetzesentwurf sind Mieten überhöht, wenn sie die Obergrenze der Tabellenmiete, unter der Wohnlage und eines etwaigen Modernisierungszuschlages, um mehr als 20 % überschreitet. Von der Obergrenze werden bei einfachen Wohnlage 0,28 Euro, bei mittleren Wohnlagen 0,09 Euro abgezogen. Bei guten Wohnlage können jedoch noch 0,74 Euro aufgeschlagen werden.

Wird danach die 20 %-Grenze überschritten, kann der Mieter die Absenkung der Miete bei der Senatsverwaltung beantragen. Die Absenkung erfolgt auf die 20 %, also 120 % der eigentlich zulässigen Miete, ab dem folgenden Kalendermonat. Würde zum Beispiel die zulässige Miete 5 Euro/m² betragen und der Mieter 7 Euro/m² leisten, erfolgt dann auf Antrag eine Kappung auf 6 Euro/m², also auf die 20 %-Grenze.

Wichtig ist, dass die Kappungsregelung nur in Bestandsmietverhältnissen Anwendung findet, also nicht bei Erst- oder Wiedervermietung nach Inkrafttreten des Gesetzes. Hier wird ohnehin schon aufgrund des Gesetzes begrenzt.

Zu beachten ist auch, dass die Regelungen zur überhöhten Miete erst 9 Monate nach Verkündigung des Gesetztes in Kraft treten. Dies dient dem Aufbau von Personal zur Antragsbearbeitung.

Werden Verstöße bestraft?

Der Gesetzesentwurf sieht bei Ordnungswidrigkeiten von Mietern, Vermietern und Bevollmächtigen Geldbußen bis zu 500.000,- Euro vor. Ordnungswidrig handeln demnach:

  • Mieter, Vermieter, und diese für diese handelnden Personen (zum Beispiel Hausverwalter), wenn sie der zuständigen Stelle nicht auf Verlangen die erforderlichen Auskünfte erteilen und Unterlagen vorlegen,
  • Vermieter, die vor Mietvertragsabschluss dem Mieter oder auf Verlangen des Mieters oder des Bezirksamtes die zum 18.06.2019 geschuldete oder vereinbarte Miete nicht mitteilen (war zum Stichtag nicht vermietet, gilt das Ende der letzten Vermietung),
  • Vermieter, die nicht unaufgefordert innerhalb von zwei Monaten nach Inkrafttreten dieses Gesetzes und vor Abschluss eines neuen Mietvertrages Auskunft über die zur Berechnung der Mietobergrenze maßgeblichen Umstände mitteilen,
  • Vermieter, die ohne Härtefallgenehmigung und ohne Modernisierungsanzeige an die IBB eine höhere als die nach dem Gesetz zulässige Miete fordern.

Nach der Gesetzesbegründung ist auch § 17 OWiG zu beachten, wonach bei fahrlässigem Handel nur maximal die Hälfte des Höchstmaßes ausgesprochen werden kann.

Wie lange soll das Gesetz gelten?

Das MietenWoG gilt für 5 Jahre. Auch danach sind die Regelungen zum Mietzuschuss, zu Rechtsbehelfen und zu Ordnungswidrigkeiten anzuwenden, soweit sie noch Wirkung für den 5-Jahres-Zeitraum entfalten. Dies ist erforderlich, da zum Beispiel eine Entscheidung über den Mietzuschuss noch auf die Zeit der Anwendung des Gesetzes zurückwirkt.

Autor: GROSS Rechtsanwaltsgesellschaft mbH

Bildnachweis: Pixabay


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