Datenschutz und Kameras
Wenn die Kameras keine Kameras sind
16.08.2023Wir haben an dieser Stelle schon oft über Videoüberwachungen berichtet. Dabei werden Daten erfasst und damit auch verarbeitet. Die Anforderungen der DS-GVO sind daher einzuhalten. Doch wie ist das, wenn die Kameras nur Attrappen sind und keine Bilder aufzeichnen? Sind dann die Regeln der DS-GVO anwendbar? Sind die Datenschutzbehörden zuständig? Wenn nein, dürfen dann Attrappen einfach so aufgehängt werden?
Datenverarbeitung und damit DS-GVO?
Anlass für diesen kurzen Beitrag war der Tätigkeitsbericht des Datenschutzbeauftragten aus Thüringen. Dort ist festgehalten, dass der Anwendungsbereich der DS-GVO nicht eröffnet ist, weil ja keine Daten verarbeitet werden. Dennoch sollten Sie diesen Beitrag weiterlesen, denn
Art. 5 Abs. 2 DS-GVO
sagt, dass Sie Rechenschaft über die Datenverarbeitungsvorgänge ablegen können müssen. Das bedeutet, dass Sie nachweisen können müssen, dass die Attrappen eben nur Attrappen sind und keine Bilder aufzeichnen.
Es erscheint etwas widersinnig zuerst festzustellen, dass der Anwendungsbereich der DS-GVO nicht eröffnet ist und im nächsten Satz den Bezug zu Art. 5 eben dieser DS-GVO herzustellen und eine Pflicht daraus abzuleiten.
Warum sollen die Belege aufbewahrt werden?
Die Datenschutzbehörde erklärt dazu, dass sie oft Beschwerden über unzulässige Videoüberwachung erhalten. Auf die dann gestarteten Auskunftsersuchen wird oft behauptet, dass es sich um funktionslose Attrappen handele. Wenn das der Fall ist, ist die Aufsichtsbehörde nicht zuständig, weil eben keine Daten verarbeitet werden. Zur Prüfung der Zuständigkeit bedarf es daher eines Nachweises der Funktionslosigkeit.
Sollten die Belege nicht ergeben, dass es sich um eine Attrappe handelt, geht die Behörde davon aus, dass es eine Kamera ist und wird tätig.
Dürfen Attrappen verwendet werden?
Datenschutzrechtlich ja. Aber ansonsten nein.
Das Landgericht Berlin hat hierzu bereits 2018 entschieden: „Auch die Installation einer Videokamera-Attrappe kann einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht begründen, sofern eine Überwachung durch eine Kamera auf Grund von Verdachtsmomenten ernsthaft zu befürchten ist (sog. „Überwachungsdruck“). Ein solcher Überwachungsdruck kann jedenfalls dann gegeben sein, wenn nicht mittels rein äußerlicher Wahrnehmung zu erkennen ist, ob auch bei tatsächlich nicht erfolgender Überwachung andauernd eine bloße Attrappe oder eine Videokamera-Anlage mit Aufzeichnungen betrieben wird, mithin wenn die Attrappe täuschend echt ist.“ (Urteil vom 14.8.2018, Az. 67 S 73/18).
Hintergrund ist hier, dass Personen sich vor Kameras anders verhalten als wenn keine da ist. Der Hauseigentümer, der die Attrappe installiert hatte, wurde zur Entfernung verurteilt.
Betroffen von diesem Überwachungsdruck sind andere Bewohner des Hauses – Mieter oder Eigentümer – aber auch Besucher, Dienstleister, Postboten, kurz gesagt, alle Personen, die vermeintlich von der Kamera erfasst sind. Alle diese haben Anspruch auf Entfernung der Attrappe.
Wenn eine Attrappe gerechtfertigt wäre, weil anders beispielsweise die Beschädigungen nicht zu verhindern sind, können auch echte Kameras angebracht werden. Dies wäre dann erfolgversprechender. Zu den Voraussetzungen der Videoüberwachung siehe hier.
Übrigens dürfte dasselbe auch für das Schild: „Video überwacht“ oder ein Piktogramm mit einer Kamera gelten. Auch hier wird ein Überwachungsdruck erzeugt, der meist nicht gerechtfertigt ist.
Fazit
Nutzen Sie keine Kameraattrappen.
Und wenn doch, bewahren Sie die Belege über die Funktionslosigkeit auf. Die Datenschutzbehörde könnte hier Einsicht verlangen.
Autorin: Katharina Gündel, GROSS Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
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