Die „geheime“ Abstimmung

Die „geheime“ Abstimmung
29.04.2020

Die „geheime“ Abstimmung

In Eigentümerversammlungen wird meist offen und mit Handzeichen über Beschlussvorlagen abgestimmt. Dies ist aber nicht zwingend vorgeschrieben. Grundsätzlich kann in Eigentümerversammlungen über Beschlussvorlagen auch namentlich oder auch geheim oder per Zuruf abgestimmt werden. Eine namentliche Abstimmung dürfte immer dann ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen, wenn es um Beschlüsse über bauliche Veränderungen geht. Aber wann darf geheim abgestimmt werden und was ist hier zu beachten?

Zunächst ist zu prüfen, ob die Gemeinschaftsordnung ein Abstimmungsverfahren vorsieht. Wenn die Gemeinschaftsordnung Regelungen über das Abstimmungsverfahren enthält, haben diese keinen Vereinbarungscharakter, sondern sind formelle Bestandteile. Das bedeutet, dass ein Geschäftsordnungsbeschluss über ein anderes Abstimmungsverfahren getroffen werden könnte. Gibt es aber einen solchen Geschäftsordnungsbeschluss nicht, ist der Versammlungsleiter an die Regelung in der Gemeinschaftsordnung gebunden.

Gibt es keine Regelung in der Gemeinschaftsordnung und keinen Geschäftsordnungsbeschluss hierzu, entscheidet der Versammlungsleiter über den Abstimmungsmodus, aber auch Reihenfolge der der Frage nach Zustimmung, Ablehnung und Enthaltung und die Auszählung. Er muss dabei sein pflichtgemäßes Ermessen ausüben und darf nicht etwa willkürlich handeln.

Wenn der Wunsch nach einer geheimen Abstimmung geäußert wird, so kann dies in der Regel beschlossen werden. Diese Abstimmung erfolgt dann mit Stimmzetteln. Ausnahmen bilden die Beschlüsse bei denen es um bauliche Veränderungen geht oder um Reparaturmaßnahmen, wenn in dem Zusammenhang Schadensersatzansprüche denkbar sind. In diesen Fällen ist die namentliche Abstimmung angezeigt.

Das Amtsgericht Nürnberg (Urteil vom 1.3.2019, Az. 29 C 4961/18) hatte in einem aktuellen Fall über eine geheime Abstimmung bzw. den entsprechenden Geschäftsordnungsbeschluss zu entscheiden. Es ging dort um die Wiederbestellung des Verwalters. Bereits in der Einladung zur Versammlung hieß es „Geheime Verwalterwahl – Beschlussvorschlag Auf Antrag einer Miteigentümerin soll darüber abgestimmt werden, über die Wahl des Verwalters geheim (mit Stimmzettel) abzustimmen.“ Beschlossen wurde dann „Geheime Verwalterwahl Beschlussvorschlag: Die Gemeinschaft beschließt, die Wahl des Verwalters, mittels Stimmzettel durchzuführen“. Die Wahl des Verwalters erfolgte mittels Stimmzetteln, auf denen die Wohnungsnummern verzeichnet waren. Bereits in der Versammlung fragten (sich) die Eigentümer, wie geheim das sein könne. Eine Eigentümerin focht den Beschluss zur Verwalterbestellung an und meinte, dass eben nicht geheim abgestimmt worden sei. Der Verwalter, der die Versammlung auch leitete, meinte, dass nicht beschlossen wurde, geheim abzustimmen, sondern mittels Stimmzetteln. Dies sei erfolgt.

Das Amtsgericht Nürnberg hob den Beschluss zur Bestellung des Verwalters auf. Er leide an einem Mangel, weil er durch einen schwerwiegenden Verfahrensfehler zustande gekommen sein. Das Gericht führte hier aus, dass entgegen dem Wortlaut des Geschäftsordnungsbeschlusses eine geheime Verwalterwahl beschlossen wurde. Dies ergebe sich aus den Gesamtumständen – wie der Ladung und der Überschrift zu dem Beschluss – und der Diskussion in der Versammlung. Gründe, die die Kausalität des Verfahrensfehlers auf das Abstimmungsergebnis ausschließen könnten, seien nicht ersichtlich.

Aus dem Urteil des Amtsgerichts Nürnberg ist auch erkennbar, dass geheim eben geheim bedeutet. Sofern eine andere Person – wie die auszählende Beirätin – erkennen kann, wer wie abgestimmt hat, liegt eben keine geheime Wahl vor.

Fazit

Wenn also über eine geheime Abstimmung ein Geschäftsordnungsbeschluss getroffen werden soll, muss also darauf geachtet werden, dass dieser eindeutig formuliert ist. Es sollte eindeutig erkennbar sein, ob geheim mit Stimmzetteln oder namentlich mit Stimmzetteln abgestimmt werden soll. Weiter ist bei einer geheimen Abstimmung darauf zu achten, dass tatsächlich für niemanden erkennbar ist, wer wie abgestimmt hat.

Autor: GROSS Rechtsanwaltsgesellschaft mbH

Bildnachweis: Pixabay


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