WEG – Finanzierung
Welche Kosten darf der Verwalter bei der Erstellung des Wirtschaftsplanes berücksichtigen?
19.11.2025Der Wirtschaftsplan und die Jahresabrechnung sind – neben der Sonderumlage - die beiden wesentlichen Finanzierungsinstrumente einer Wohnungseigentümergemeinschaft. Die Instrumente unterscheiden sich sowohl in ihrer Funktion als auch den rechtlichen Voraussetzungen:
Der Wirtschaftsplan ist eine vorausschauende Planung und dient zur Festlegung der Wohngeldvorschüsse, die Jahresabrechnung dient der Kontrolle und eine rückblickende Anpassung durch Festlegung etwa erforderlicher Nachschüsse, während die Sonderumlage eine flexible Ergänzung zur Deckung unvorhergesehener Kosten darstellt.
Die aufgrund eines Wirtschaftsplanes zu leistenden Vorschüsse werden durch Beschluss festgelegt.
In einer aktuellen Grundsatzentscheidung hat der Bundesgerichtshof (BGH) nunmehr klargestellt, unter welchen Voraussetzungen ein solcher Beschluss ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht und dabei wichtige Rechtsfragen höchstrichterlich entschieden.
Sachverhalt:
Die erst kurz zuvor bestellte Verwalterin hat einen Wirtschaftsplan erstellt, die Eigentümer fassten in einer Eigentümerversammlung im Juni 2022 einen Beschluss zur Festlegung der aus den Einzelwirtschaftsplänen für das Jahr 2022 resultierenden Vorschüsse.
Ein Wohnungseigentümer bemängelt den Ansatz verschiedener Positionen, wie die Anmietung einer Fahrradgarage, eine Zusatzvergütung der Verwaltung und Kosten für Rechtsberatung und Gerichtsverfahren sowie 20.000 Euro Zuführung zur Erhaltungsrücklage. Er hat deshalb fristgerecht Beschlussklage gegen den Beschluss erhoben.
Die Anfechtungsklage hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg, deshalb hat der Kläger Revision beim Bundesgerichtshof eingelegt.
Die Entscheidung:
Die Revision hat keinen Erfolg. Nach Auffassung des BGH entspricht der Beschluss ordnungsgemäßer Verwaltung.
Die Wohnungseigentümer entscheiden gemäß § 28 Abs. 1 WEG per Beschluss über die Festsetzung von Vorschüssen und die Zuführung zur Erhaltungsrücklage. Der vom Verwalter zu erstellende Wirtschaftsplan muss lediglich eine Schätzung der voraussichtlichen Einnahmen und Ausgaben enthalten. Dieser Plan dient als Prognoseinstrument für das kommende Wirtschaftsjahr und soll sicherstellen, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft alle absehbaren Kosten zahlen kann. Neben den bereits feststehenden Ausgaben müssen daher auch die im kommenden Wirtschaftsjahr zu erwartenden Kosten angemessen berücksichtigt werden.
Bei der Beschlussfassung über die Vorschüsse zur Kostentragung steht den Wohnungseigentümern daher sowohl hinsichtlich der einzustellenden Positionen als auch im Hinblick auf deren Höhe ein weites Ermessen zu. Anfechtbar kann der Beschluss allenfalls dann sein, wenn im Zeitpunkt der Beschlussfassung evident ist, dass er zu weit überhöhten oder wesentlich zu niedrigen Vorschüssen führt.
Dies war vorliegend nicht der Fall.
- Vor dem Hintergrund der fehlenden Verwalterbestellung für das Jahr 2021 und des erfolgten Verwalterwechsels war es nicht ermessensfehlerhaft, dass die Wohnungseigentümer eine Zusatzvergütung der neuen Verwalterin in Höhe von 3.000 € angenommen und in den Wirtschaftsplan eingestellt haben.
- Ebenfalls nicht zu beanstanden ist die Position „Rechtsberatung/Kosten Gerichtsverfahren“ in Höhe von 12.000 €. Insoweit kam es allein darauf an, dass die Wohnungseigentümer erwarten durften, es werde zu Rechtstreitigkeiten mit entsprechenden Kostenfolgen kommen.
- Auch die im Wirtschaftsplan angesetzte Zuführung zur Erhaltungsrücklage von insgesamt 20.000 € ist nicht zu beanstanden. § 19 Abs. 2 Nr. 4 WEG gibt den Wohnungseigentümern auf, eine angemessene Erhaltungsrücklage anzusammeln. Hierfür ist nach Auffassung des BGH nicht erforderlich, dass ein konkreter Reparaturbedarf besteht, denn bei der Bestimmung der Höhe der Zuführung zur Erhaltungsrücklage haben die Wohnungseigentümer ein weites Ermessen.
Fazit:
Die Entscheidung des BGH ist zu begrüßen, sie gibt den Wohnungseigentümern und dem Verwalter einen weiten Spielraum für die Festlegung der Wohngeldvorschüsse und somit die Möglichkeit einer rechtsicheren Finanzplanung. Lediglich Wirtschaftspläne, die zu weit überhöhten oder weit zu niedrig Vorschüssen führen, sind zukünftig noch erfolgreich anfechtbar. Den Interessen der Eigentümer wird ausreichend Rechnung getragen, indem über die Vorschüsse ohnehin jährlich abgerechnet werden muss.
Autor: Rechtsanwalt Michael Schmidt M.L.E., GROSS Rechtsanwaltsgesellschaft mbH