Viel bezahlen als Nießbraucher?
Der Versuch der Umgehung der Mietpreisbremse
18.10.2023Die Mietpreisbremse ärgert viele von uns, insbesondere in Berlin. Einige Eigentümer kommen auf die Idee, die Wohnungen nicht mehr zu vermieten, sondern Nutzern ein Nießbrauch einzuräumen. Doch geht das? Ist das wirklich die Lösung? Warum haben wir dies unseren Mandanten bisher nicht empfohlen (und bleiben dabei)?
Was ist Nießbrauch?
Nießbrauch ist das unveräußerliche Recht, Nutzungen aus einer Sache zu ziehen, und wird in das Grundbuch eingetragen. Der Nießbraucher hat daher ein umfassendes Nutzungsrecht, ist aber nicht Wohnungseigentümer. Der Nießbraucher hat ein Wohnrecht, kann aber die Wohnung auch weitervermieten bzw. unbegrenzt untervermieten. Der Nießbraucher wird untechnisch gesprochen wirtschaftlicher Eigentümer.
Kann ein Nutzungsentgelt vereinbart werden?
Das ist zwar ungewöhnlich, aber möglich. Auch die Nebenkosten trägt der Nießbraucher. Er schließt sogar die Verträge selbst ab.
Kann ein Nießbrauch zeitlich befristet eingeräumt werden? Kann der Nießbrauch gekündigt werden?
Nießbrauch endet durch den Tod des Nießbrauchers. Er kann auch befristet werden, er endet dann mit Fristablauf bzw. dem Tod des Nießbrauchers, je nachdem, was früher erfolgt. Der Nießbrauch kann durch einseitige Erklärung des Nießbrauchers aufgehoben werden. Das bedeutet der Nießbraucher/Mieter kann kündigen. Die Aufhebung bedarf allerdings der Zustimmung der Grundpfandgläubiger. Der Nießbrauch erlischt auch mit lastenfreiem Eigentumserwerb durch einen Dritten oder durch Zuschlag bei der Zwangsversteigerung.
Durch den Eigentümer kann der Nießbrauch nicht gekündigt werden, wohl aber das zugrundeliegende Geschäft. Dies hat der BGH bejaht für einen Fall, in dem der Nießbraucher das vereinbarte monatliche Entgelt nicht gezahlt hat. Der Nießbrauch wird dann kondiziert, also aufgehoben.
Wer ist für Mängelbeseitigung zuständig?
Nach § 1041 BGB hat der Nießbraucher für die gewöhnliche Unterhaltung der Sache zu sorgen. Ausbesserungen und Erneuerungen obliegen aber dem Eigentümer.
Was darf der Nießbraucher, was der Mieter nicht darf?
Hier ist vor allem auf die Untermiete hinzuweisen. Das darf der Nießbraucher ohne Einschränkung.
Welche steuerlichen Auswirkungen hat der Nießbrauch?
Das wissen wir nicht. Wir wissen, dass der Nießbrauch steuerliche Auswirkungen hat. Eine genaue Beratung dazu bieten Steuerberater an.
Warum also nicht Nießbrauch?
Zum einen dürften eingeräumte Nießbrauchrechte den Wert des Grundstücks mindern, denn dies sind dingliche Rechte, die in der Regel mitverkauft werden und bei einem Eigentumswechsel nicht erlöschen (Ausnahme Zwangsversteigerung).
Zum anderen dürfte das Geschäft unwirksam sein, wenn der Nießbraucher eigentlich nur eine Wohnung mieten wollte bzw. vorübergehend nutzen wollte. Denn ein solches Geschäft umgeht die Schutzvorschriften der Mieter, und hier insbesondere die Regelungen der Mietpreisbremse. So ähnlich hat es das LG Osnabrück am 19.8.1994 entschieden (Az. 1 S 14/94). Dort war zwar kein Nießbrauch, aber ein dingliches Wohnrecht eingeräumt worden. In dem dortigen Fall hat das Gericht ganz klar angenommen, dass mit dieser Vereinbarung den Nutzern (Wohnberechtigten/Mietern) die Schutzvorschriften des Mietrechts vorenthalten werden sollten. Das Geschäft war damit nichtig.
Ist das also eine Umgehung der Mietpreisbremse?
Ich meine ja und damit unwirksam, denn hier werden die Schutzvorschriften des Mietrechts umgangen. Aktuelle Rechtsprechung gibt es dazu bisher nicht. Wir können ein solches Vorgehen daher nicht empfehlen.
Nießbrauch ist eine Alternative zur Erbschaft (der potentielle Erblasser verschenkt die Immobilie und lässt sich ein Nießbrauch einräumen), aber nicht zur Miete.
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Autorin: Katharina Gündel, GROSS Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
Bildnachweis: Pixabay