Was ist ein Mietvertrag?
Was ist ein Mietvertrag?
Selbstverständlich kennen wir die Antwort auf die Frage, was ein Mietvertrag ist. Ein Vermieter, oft Eigentümer einer Sache, stellt diese einem anderen, dem Mieter, gegen ein Entgelt, die Miete, zur Verfügung. Oft steckt der Teufel aber im Detail. Wenn der Vertrag mit „Nutzungsvereinbarung“ überschrieben oder wenn ein besonders niedriges Entgelt vereinbart wurde, gehen die Beteiligte oft davon aus, dass gar kein Mietvertrag gewollt war und daher auch kein Mietvertrag besteht. Einen solchen Fall, in dem es um eine Auseinandersetzung zwischen Erben geht, hatte das Landgericht Osnabrück zu entscheiden.
Fall
Die Beteiligten sind Teil einer Erbengemeinschaft. In einer notariellen Urkunde war vereinbart, dass einer der Erben eine zur Erbschaft gehörende Wohnung nutzen darf und dafür eine monatliche Zahlung von 300,00 € zu leisten hat. Er unterwarf sich der Zwangsvollstreckung aus dieser Urkunde, also auch der Räumungsvollstreckung. Eine andere Erbin verlangt die Herausgabe der Wohnung aus dieser notariellen Urkunde. Grundsätzlich gilt, dass eine solche Vollstreckung aus einer notariellen Urkunde aber dann nicht zulässig ist, wenn sich diese auf den Bestand eines Mietverhältnisses über Wohnraum bezieht (§ 794 Abs.1 Nr. 5 ZPO). Fraglich war hier also, ob ein Mietverhältnis vorlag, dann kann nicht aus der Urkunde vollstreckt werden, oder ob ein Leihverhältnis vorlag, dann wäre die Vollstreckung möglich.
Urteil
Das LG Osnabrück geht von einem Mietverhältnis aus. Inhalt eines solchen ist die Verpflichtung der Vertragsparteien zur Gebrauchsüberlassung der Mietsache gegen Entrichtung der vereinbarten Miete. Vorliegend richtete sich der Wille der Parteien auf eben dieses Gegenleistungsverhältnis.
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Die Miete muss dabei nicht dem Mietwert der Sache entsprechen, solange ein Gegenleistungsverhältnis von Mietzahlung und Gebrauchsüberlassung der Mietsache besteht. Dem steht auch nicht entgegen, dass die vereinbarten 300,00 € der Differenz zum tatsächlichen Mietwert in Verrechnung mit dem Nachlassanteil des Mieters entsprächen. In der notariellen Urkunde war eben nicht nur die Erbauseinandersetzung, sondern auch die Gebrauchsüberlassung und eine Zahlung hierfür geregelt. Auch das mit 300,00 € sehr niedrig angesetzte Entgelt kann eine Miete darstellen. Das Gegenleistungsverhältnis besteht auch dann noch. Weiterhin ist unschädlich, dass die Beteiligten für das Mietverhältnis und die daraus entstehenden Pflichten nicht die zutreffenden Bezeichnungen aus § 535 ff. BGB verwendeten.
LG Osnabrück, Beschluss vom 23.07.2021, 2 T 275/21
Fazit
Auch ein niedrig angesetztes Entgelt für die Nutzungsüberlassung einer Wohnung ist als Miete einzustufen. Es kommt darauf an, dass sich die Parteien willentlich zur jeweiligen Gegenleistung im Sinne des § 535 BGB verpflichten. Dabei müssen sie sich nicht namentlich dem tatsächlich eingegangenen Mietverhältnis bewusst sein.
Bedenken Sie daher, dass eine Falschbezeichnung der korrekten Beurteilung eines Rechtsverhältnisses nicht entgegensteht. Entscheidend ist nicht die Bezeichnung, sondern die rechtliche Beurteilung eines Umstandes oder Verhältnisses.
Autor: GROSS Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
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