Berlin: Die Wohnungseigentümergemeinschaft und die Solarpflicht

Berlin: Die Wohnungseigentümergemeinschaft und die Solarpflicht

Seit dem 01.01.2023 gilt in Berlin eine Solarpflicht.

06.07.2023

Die Wohnungseigentümergemeinschaft und die Berliner Solarpflicht

Seit dem 01.01.2023 gilt in Berlin eine Solarpflicht. 
Das Solargesetz für Berlin (SolarG Bln) statuiert für Eigentümer nichtöffentlicher Gebäude die Pflicht, bei Neubau und bei wesentlichen Umbauten der Dächer von Bestandsgebäuden Photovoltaikanlagen zu errichten und in Betrieb zu nehmen (§ 3 Abs. 1 SolarG Bln). 
Auch Wohnungseigentümergemeinschaften müssen dieser Pflicht nachkommen. 

Auswirkungen auf die Verwalterpraxis

Da die Erfüllung der Solarpflicht durch die Installation und den Betrieb einer Photovoltaikanlage zwingend das Gemeinschaftseigentum der WEG betrifft, bedarf es zur Umsetzung grundsätzlich entsprechender Beschlussfassungen der Gemeinschaft.
Zu den Pflichten des Verwalters gehört es, die Eigentümer über die erforderlichen Verwaltungsmaßnahmen zu informieren und auf sachgerechte Beschlussfassungen hinzuwirken. Daher muss die Verwalterpraxis auch eine mögliche Pflicht der WEG zur Einhaltung des § 3 Abs. 1 SolarG Bln berücksichtigen. 
Dabei muss der Verwalter sowohl die Voraussetzungen der Solarpflicht als auch die unterschiedlichen Umsetzungsmöglichkeiten kennen. So kann die WEG ihre Dachfläche z. B. an einen Dienstleister vermieten oder verpachten, der dort eine Photovoltaikanlagen entsprechend den Vorgaben des SolarG Bln installiert und betreibt. 

Betreibt die WEG die Anlage selbst, gibt es ebenfalls unterschiedliche Umsetzungsmöglichkeiten. Neben Volleinspeisung oder Eigennutzung für Allgemeinstrom kommen die sogenannten Mieterstrommodelle in Betracht – auch wenn die Wohnungseigentümer selbst in den Wohnungen leben. 

Entsprechend vielfältig sind auch die zu klärenden Fragen hinsichtlich der Finanzierung der zu errichtenden Anlage. Schließlich sind viele Folgefragen für die WEG zu regeln (Zuständigkeiten für erforderliche Abrechnungs-, Anmelde- und Dokumentationspflichten, etc.). 

Ferner kann es erforderlich sein, technische Gutachten zur Umsetzbarkeit (bspw. Statik) oder Vorliegen eines Ausnahmetatbestandes einzuholen. Gegebenenfalls ist ein Befreiungsantrag zu stellen, beispielsweise wenn die WEG über keine ausreichenden Eigenmittel zur Finanzierung einer Photovoltaikanlage verfügt und auch keine Kreditaufnahme zur Finanzierung möglich ist.

Das Land Berlin stellt umfangreiche Förderprogramme und Beratungsangebote zur Verfügung. Auch hierüber sollte die Wohnungseigentümergemeinschaft informiert werden. 

Stets ist zu beachten, dass die Nichterfüllung der Solarpflicht selbst bei fahrlässigem Unterlassen eine bußgeldbewährte Ordnungswidrigkeit darstellen kann.

Unter folgenden Voraussetzungen ist die Solarpflicht zu beachten:

sachlicher Anwendungsbereich

Die Solarpflicht gilt für Wohn- und Nichtwohngebäude (also beispielsweise auch für Gewerberäume, Garagen u. ä.) mit einer Nutzungsfläche von mehr als 50 m². Ausgenommen sind Garagen und Nebenanlagen jedoch, sofern bereits mit einem anderen (Haupt-) Gebäude auf demselben Grundstück die Solarpflicht erfüllt wird.

Die Solarpflicht gilt dabei nicht nur für Neubauten.
Bei Bestandsgebäuden kommt die Solarpflicht zum Tragen, wenn „wesentliche Umbauten des Daches“ erfolgen. Diese werden definiert als Änderungen an der Dachfläche, bei der die wasserführende Schicht durch Dachausbau, Dachaufstockung oder grundständige Dachsanierung erheblich erneuert wird.

Eine erhebliche Erneuerung der wasserführenden Schicht liegt vor, wenn diese überwiegend, also zu mehr als 50 % der gesamten Fläche der wasserführenden Schicht des Daches (Dachhaut), erneuert wird.

zeitlicher Anwendungsbereich

Abzustellen ist auf den Baubeginn, d. h. auch ein bereits vor dem Stichtag 01.01.2023 beschlossener wesentlicher Dachumbau kann eine nachträgliche Beschlussfassung über die Installation und Inbetriebnahme einer Photovoltaikanlage erfordern. (Baubeginn ist bei Erneuerung der Dachhaut der Tag, an dem die ausführende Firma mit den Arbeiten am Dach beginnt, nicht etwa der Zeitpunkt der Gerüststellung od. ä. vorbereitende Maßnahmen).

Dimensionierung der zu installierenden Anlage

Neubauten müssen mindestens 30 % ihrer Bruttodachfläche, Bestandsbauten mindestens 30 % ihrer Nettodachfläche mit PV-Anlagen bedecken. 
Bruttodachfläche ist die gesamte Dachfläche, die ein Gebäude überdeckt, einschließlich eines Dachüberstands ohne Dachrinne. Besteht die Dachfläche aus mehreren Teilen, ist die Bruttodachfläche die Gesamtfläche aller Teildachflächen.

Nettodachfläche ist die Bruttodachfläche abzüglich der Flächenanteile des Daches, die wegen Verschattung, Dachaufbauten, Dachfenstern, anderen Dachnutzungen oder der Ausrichtung nach Norden nicht genutzt werden können.
Bei Bestandswohngebäuden kann in bestimmten Fällen die installierte Leistung statt der Nettodachfläche zugrunde gelegt werden.  Bei max. zwei Wohnungen ist eine Leistung von 2 kWp ausreichend, bei drei bis fünf Wohnungen genügt eine Leistung von 3 kWp
und bei sechs bis zehn Wohnungen muss eine Leistung von 6 kWp erreicht werden.  

Ferner gelten in seltenen Fällen bei besonders großen Dachflächen allgemeine Begrenzungen der Anlagengröße in Bezug auf die Ausschreibungspflicht nach dem EEG.

Die Solarpflicht kann alternativ durch eine Solarthermie-Anlage entsprechend den Vorgaben des Gebäudeenergiegesetzes oder durch eine Photovoltaikanlage an den übrigen Außenflächen des Gebäudes (z.B. Fassaden-Photovoltaikanlage) erfüllt werden.

Ausnahmen von der Solarpflicht, Befreiungen 

Ausnahmen von der Solarpflicht kommen im Einzelfall in Betracht, wenn die Erfüllung der Pflicht anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften widerspricht (z.B. Denkmalschutz), die Erfüllung im Einzelfall technisch unmöglich ist (z.B. aus statischen oder technischen Gründen) oder nicht vertretbar ist, weil die Bruttodachfläche nach Norden ausgerichtet ist.

Führt die Erfüllung der Solarpflicht im Einzelfall zu einem unangemessenen Aufwand oder in sonstiger Weise zu einer unbilligen Härte, kann eine Befreiung bei der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe erteilt werden. 

Nachweis- und Aufbewahrungspflichten

Die Erfüllung der Solarpflicht (bzw. das Vorliegen einer Ausnahme) muss dokumentiert werden. Dies geschieht über ein von der für Energie zuständigen Verwaltung zur Verfügung gestelltes elektronisches Formular, welches für mindestens zehn Jahre aufbewahrt werden muss. Eine Vorlage ist im Falle einer Kontrolle durch die Bauaufsichtsämter erforderlich. 

Ordnungswidrigkeiten

Sowohl die Nichterfüllung der Solarpflicht als auch der Nachweis- und Aufbewahrungspflichten kann sanktioniert werden, dies gilt sogar bei fahrlässigem Unterlassen. Auch eine Ahndung als Ordnungswidrigkeit kommt in Betracht, dabei können bei Mehrfamilienhäusern Geldbußen von bis zu 25.000,00 € verhängt werden.

Bildnachweis: Pixabay

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