Wenn der BGH seine Meinung ändert: Rechtsprechungsänderung zur Jahresabrechnungen bei Untergemeinschaften

Wenn der BGH seine Meinung ändert: Rechtsprechungsänderung zur Jahresabrechnungen bei Untergemeinschaften
13.10.2021

Wenn der BGH seine Meinung ändert: Rechtsprechungsänderung zur Jahresabrechnungen bei Untergemeinschaften 

Wenn eine Wohnungseigentümergemeinschaft mehrere Häuser umfasst, also eine Mehrhausanlage ist, werden oft Untergemeinschaften gebildet. Dies erscheint sachgerecht, insbesondere wenn es um die Instandhaltungsrücklage, die Umlage bestimmter Kosten oder auch um Beschlüsse über Baumaßnahmen geht. Über die Frage, wie die Jahresabrechnung einer Wohnungseigentümergemeinschaft aussehen muss, die aus mehreren Untergemeinschaften besteht, hatte nun der BGH zu entscheiden und er hat seine Meinung aus dem Jahr 2012 geändert.

Fall

In dem entschiedenen Fall sah die Gemeinschaftsordnung vor, dass jede Untergemeinschaft ihre anfallenden Kosten trägt, als sei sie eine eigene Eigentümergemeinschaft. 2017 wurde von der Gesamtgemeinschaft die Jahresabrechnung beschlossen. In der Instandhaltungsrücklage war für eines der Häuser eine Entnahme für Planungskosten vorgesehen. Dieser Beschluss wurde von Eigentümern des entsprechenden Hauses angefochten. Sie waren der Meinung, dass die Gemeinschaft insgesamt nicht berechtigt war, über die Instandhaltungsrücklage der Untergemeinschaft zu beschließen. 

Die Vorinstanzen gaben den Eigentümern noch Recht, vor dem BGH hatten sie aber keinen Erfolg. Der Beschluss war weder anfechtbar noch nichtig. Es können zwar weitgehend verselbständigte Untergemeinschaften gebildet werden, so der BGH. Abrechnen über ihre „eigenen“ Angelegenheiten dürfen sie aber nicht. Im Jahr 2012 hatte der BGH dies noch anders gesehen. 

Die Wohnungseigentümergemeinschaft muss eine einheitliche Abrechnung erstellen. Dies folgt zwar nicht direkt aus dem Gesetzeswortlaut. Aber da das Gesetz Mehrhausanlagen auch nicht kennt, ist dies nicht verwunderlich. Zwei Gründe führt der BGH für die Einheitlichkeit der Abrechnung an: Die Abrechnung dient dazu eine einheitliche Abrechnungsspitze festzustellen. Es gibt immer Kosten, die die Gesamtgemeinschaft betreffen, wie zum Beispiel die Verwaltergebühren und die Kontoführungsgebühren. Diese müssten also auch gegenüber der Gesamtgemeinschaft abgerechnet werden. Wenn dann aber zwei Gesamtabrechnungen – die der Gemeinschaft und die der Untergemeinschaft – nebeneinander beschlossen werden könnten, ist es unklar, ob es hinsichtlich der Jahresabrechnung auch mehrere Anfechtungsverfahren geben kann. Ein Nebeneinander von Abrechnungen sei also nicht denkbar. 

Die Jahresabrechnung dient der Rechnungslegung durch den Verwalter. Zugleich muss sich aus der Jahresabrechnung entnehmen lassen, wie die auf den Bankkonten der Gemeinschaft verbuchten Gelder verwendet wurden. Da die Jahresabrechnung stets auf Buchhaltungskonten bezogen ist, kommt es hier auch nicht darauf an, ob es ein oder mehrere Bankkonten für die Rücklagen gibt. 

Im Hinblick auf die Einzelabrechnungen kann etwas Anderes gelten. Eine Gemeinschaftsordnung kann vorsehen, dass Teile der einheitlichen Jahresabrechnung von der jeweiligen Untergemeinschaft beschlossen werden können. Das ist aber beschränkt auf die die jeweilige Untergemeinschaft betreffenden Kosten in den Einzelabrechnungen. Der BGH führt aus: „Da in den Einzelabrechnungen eine (einheitliche) Abrechnungsspitze festgelegt werden muss und in diese Kostenpositionen sowohl der Gesamt- als auch der Untergemeinschaft einfließen (…), könnte allerdings in Betracht kommen, dass nach einer ersten Beschlussfassung der Gesamtgemeinschaft und einer zweiten der Untergemeinschaften die abschließende Beschlussfassung durch die Gesamtgemeinschaft erfolgen muss (daher für ein „dreistufiges Verfahren“…).

Damit ein solcher Fall aber vorliegt, muss dies eindeutig und ausdrücklich in der Gemeinschaftsordnung geregelt sein. Im Zweifel ist das Rechnungswesen nämlich Sache der Gesamtgemeinschaft. 

Im entschiedenen Fall, gab es keine eindeutige Regelung und auch kein zwei- oder dreistufiges Verfahren, so das der BGH abschließend darüber nicht zu entscheiden hatte.

Fazit

Vorsicht bei der Abrechnung in Mehrhausanlagen. Es bedarf zunächst immer einer einheitlichen Gesamtabrechnung der Gesamtgemeinschaft. Ob dann bei den Beschlüssen über die Einzelabrechnungen die Abstimmung der Untergemeinschaft und der Gesamtgemeinschaft erfolgen muss, hängt von der Gemeinschaftsordnung ab. Wenn es dort keine eindeutige ausdrückliche Vereinbarung gibt, beschließt die Gesamtgemeinschaft über die Jahresabrechnung.

BGH, Urteil vom 16.7.2021, Az. V ZR 163/20

Autor: GROSS Rechtsanwaltsgesellschaft mbH

Bildnachweis: Pixabay


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