Der Mietzweck – die wichtigste Regelung in einem Mietvertrag

Der Mietzweck – die wichtigste Regelung in einem Mietvertrag
18.04.2018

Sie haben ein Mietobjekt und wollen es vermieten. Natürlich müssen Sie sich Gedanken darüber machen, wie das Mietobjekt ausgestattet wird, wer für Reparaturen sorgen muss und wieviel Miete Sie fordern können. Zu allererst ist aber die Frage zu beantworten, zu welchem Mietzweck Sie das Objekt vermieten wollen. Mit der Beantwortung dieser Frage kann erst entschieden werden, welche Folgeregelungen im Mietvertrag getroffen werden können.

Welcher Mietzweck ist erlaubt?

Die Ausübung des gewünschten Mietzwecks ist nicht überall erlaubt. Beschränkungen gibt bereits das Bauplanungsrecht, hier insbesondere die Baunutzungsverordnung. In § 4 der Baunutzungsverordnung ist beispielsweise geregelt, dass in einem allgemeinen Wohngebiet vorwiegend Wohnnutzung vorhanden sein soll. Erlaubt sich weiter Lebensmittelgeschäfte, Schank- und Speisewirtschaften, nicht störende Handwerksbetriebe und kulturelle, soziale und gesundheitliche Einrichtungen, soweit sie für die Versorgung des Wohngebietes erforderlich sind. So ist in einem allgemeinen Wohngebiet der Bäcker, der seine selbst gebackene Ware in seinem Laden für die Bewohner des Wohngebietes anbietet, erlaubt. Das gilt auch dann, wenn er in der Backstube bereits um 4:00 Uhr morgens mit der Arbeit beginnt. Eine Bäckerei, die die selbst gebackene Ware aber nicht im eigenen Laden im Wohngebiet verkauft, sondern die Ware zu anderweitigen Verkaufsstellen fährt, könnte dagegen bereits unzulässig sein. Der Lieferverkehr für den Transport der Backware zu den Verkaufsstellen könnte zu Lärm führen, den die Bewohner nicht hinnehmen müssen.

Die Handwerksbetriebe im allgemeinen Wohngebiet dürfen auch nicht lärmintensiv sein. Die Wahl des Mietzwecks als Schreinerei, Schlosserei oder Autoreparaturwerkstatt könnte deshalb ebenfalls zu erheblichen Schwierigkeiten führen, weil er bauplanungsrechtlich unzulässig ist.

  • 7 der Baunutzungsverordnung definiert beispielsweise das Kerngebiet. Anders als beim allgemeinen Wohngebiet soll ein Kerngebiet vorwiegend der Wirtschaft, der Verwaltung und der Kultur dienen. Die Wohnnutzung wäre hier nur ausnahmsweise zulässig.

Welche Folgen hat die Unzulässigkeit des Mietzwecks?

Erfahrungsgemäß werden sich der Vermieter und der potentielle Mieter sehr schnell darüber einig, ob das Mietobjekt zum gewünschten Mietzweck technisch und funktional geeignet ist. Sie überprüfen die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Mietzwecks nicht, auch weil sie sicher sind, dass der jeweils andere Vertragspartner das Objekt als tauglich für den vertraglich vereinbarten Zweck befunden hat.

Den Anstoß zur Überprüfung der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit muss allerdings nicht der Vertragspartner geben. Die Überprüfung, ob der Mietzweck überhaupt gestattet werden darf, kann auch von dritter Seite angestoßen werden. So ist jeder Nachbar berechtigt, die Unterlassung der Nutzung des Mietobjektes zu fordern, wenn von ihr unzulässige Emissionen, wie etwa erhöhter Lärm, ausgehen. Ob der Lärmpegel erhöht ist, richtet sich wiederum nach der Charakterisierung des Baugebietes. Handelt es sich um ein Kerngebiet, dürfen die Emissionen durchaus höher liegen. In einem allgemeinen Wohngebiet sind aber die Lärmgrenzen, insbesondere die Nachtruhezeiten, zu beachten.

Und natürlich unterliegt die Zulässigkeit des Mietzwecks auch der Kontrolle der Baubehörde. Für jede Nutzung eines Gebäudes bedarf es grundsätzlich einer Bau- bzw. Nutzungsgenehmigung. Im Rahmen der Prüfung des Bau- bzw. Nutzungsantrages prüft die Baubehörde auch die Voraussetzungen der gewünschten Nutzung anhand der bauplanungsrechtlichen Vorgaben. Liegen die Voraussetzungen nicht vor, wird der Antrag auf Erlass der Nutzungsgenehmigung abgelehnt. Wird ein Antrag auf Erteilung der Nutzungsgenehmigung gar nicht erst gestellt und erhält die Baubehörde Kenntnis von der unerlaubten Nutzung, kann sie eine Nutzungsuntersagung aussprechen. Dieser Verwaltungsakt kann dann mit Verwaltungszwang durchgesetzt werden.

Trotz eines bestehenden Vertrages wäre der Mieter bei Verurteilung auf Unterlassung des Mietzwecks oder bei Ausspruch einer behördlichen Nutzungsuntersagung also tatsächlich nicht in der Lage, das Mietobjekt zu nutzen.

Mangelhaftigkeit des Mietobjektes wegen Unzulässigkeit des Mietzwecks

Ein Vermieter ist im Rahmen eines Mietvertrages verpflichtet, dem Mieter das Mietobjekt zum vertraglich vereinbarten Mietzweck zu übergeben und die Mietsache während des laufenden Mietvertrages in vertragsgemäßem Zustand zu erhalten. Dabei hat der Vermieter auch dafür Sorge zu tragen, dass keine behördlichen Gebrauchshindernisse oder Gebrauchsbeschränkungen der Nutzung der Mietsache entgegenstehen. Liegen öffentlich-rechtliche Beschränkungen auf der Mietsache, kann das zu einem Mangel des Mietobjektes führen.

Zugunsten des Vermieters geht die Rechtsprechung davon aus, dass der Mangel der öffentlich-rechtlichen Beschränkung der Mietsache erst zutage tritt, wenn die Behörde tatsächlich gegen die unerlaubte Nutzung einschreitet. Erst wenn die Baubehörde die Nutzungsuntersagung androht oder einen entsprechenden Verwaltungsakt erlässt, kann der Mieter Gewährleistungsrechte geltend machen. Droht die Baubehörde aber die Nutzungsuntersagung an und ist der beabsichtigte Mietzweck bauplanungsrechtlich und bauordnungsrechtlich nicht genehmigungsfähig, kann der Mieter eine Mietminderung auf 0,00 Euro geltend machen, den Mietvertrag fristlos kündigen und Schadensersatz wegen der Nichtgewährung des vertragsgemäßen Gebrauchs der Mietsache verlangen.ortant;}”]Die Verantwortung für die Erteilung der Baugenehmigung kann vom Vermieter auch nur sehr eingeschränkt auf den Mieter übertragen werden. Im Wohnungsmietrecht ist dies gar nicht möglich. Im Gewerberaummietrecht ist die Übertragung nur im Rahmen einer individuell ausgehandelten Vertragsklausel möglich. Eine Vereinbarung zur Übertragung der Verantwortlichkeit für die Baugenehmigung auf den Mieter im Rahmen einer Allgemeinen Geschäftsbedingung des Vermieters scheitert, weil in diesem Fall eine unangemessene Benachteiligung des Mieters gegeben ist.

Was ist dem Mieter erlaubt und wofür muss der Vermieter einstehen?

Der Mietzweck ist schließlich dafür ausschlaggebend, was dem Mieter nicht verboten werden kann und wofür der Vermieter die baulichen Voraussetzungen schaffen muss.

Bereits im Jahr 2004 hat der Bundesgerichtshof beispielsweise in einem Urteil vom 26.07.2004, GZ: VIII ZR 281/03, entschieden, dass – bei dem Mietzweck Wohnen – der Mieter einer nicht modernisierten Altbauwohnung einen allgemein üblichen Mindestwohnstandard erwarten darf, sofern nichts anderes zwischen den Parteien vereinbart ist. Zu diesem Mindestwohnstandard gehört nach Ansicht des Bundesgerichtshofes, dass der Mieter in der Wohnung zumindest ein größeres Haushaltsgerät, wie eine Waschmaschine oder eine Geschirrspülmaschine, und gleichzeitig weitere Haushaltsgeräte, wie etwa einen Staubsauger oder einen Mixer benutzen kann. Lässt die Elektroversorgung des Hauses und der Wohnung den gleichzeitigen Betrieb dieser üblichen Haushaltsgeräte nicht zu, ist die Wohnung mangelhaft. Der Vermieter hat für die Mängelbeseitigung zu sorgen und verstärkte Elektroleitungen zu installieren. Da die Wohnung mangelhaft war, kann er für die Verstärkung der Elektroleitungen auch keine Modernisierungsumlage geltend machen.

Dagegen ist es einem Wohnungsmieter vom Vermieter zu gestatten, Familienangehörige in die Wohnung aufzunehmen. Der Vermieter hat zwar ein Recht darauf zu wissen, wer in der Wohnung wohnt. Ein Widerspruchsrecht gegen die Aufnahme von Familienangehörigen hat er aber grundsätzlich nicht. Die Aufnahme von Familienangehörigen in die Wohnung kann der Vermieter erst untersagen, wenn eine Überbelegung droht.

In einem Gewerbemietvertrag ist die Vereinbarung des Mietzwecks noch sorgfältiger zu überdenken. Wird ein Mietobjekt vereinbarungsgemäß an eine Orthopädiepraxis vermietet, müssen sich die Vertragsparteien darüber im Klaren sein, dass die Patienten des Mieters üblicherweise nicht gut zu Fuß sind. Vermieter und Mieter müssen deshalb bei der Vertragsgestaltung darauf achten, dass die baulichen Gegebenheiten diesem Mietzweck anzupassen sein könnten und im Vertrag ggf. die Zuständigkeit für die Schaffung einer Barrierefreiheit zum Mietobjekt zu regeln ist.

Was passiert, wenn der Mietzweck weggelassen wird?

Gerade in einem Gewerbemietvertrag soll das Risiko, Baumaßnahmen für die Herstellung des vertragsgemäßen Zustandes aufwenden zu müssen, hin und wieder dadurch umgangen werden, dass der Mietzweck als „Gewerbe“ definiert wird. Bei einer derart weiten Vereinbarung des Mietzwecks ist tatsächlich jede gewerbliche Tätigkeit mietvertraglich gestattet. Und ist auch nur eine gewerbliche Tätigkeit in den Räumen möglich, ist das Objekt nicht mangelhaft.

Bei dieser Vorgehensweise muss sich der Vermieter aber auch darüber im Klaren sein, dass der Mieter jede Tätigkeit in den Mieträumen vollziehen darf. Er kann den Nutzungszweck beispielsweise von Büro in Kfz-Werkstatt und wieder in Schnellimbiss ändern, ohne dass der Vermieter ein Widerspruchsrecht hat. Auch die Nutzung als Bordell oder Spielhalle wäre dem Mieter mietvertraglich gestattet. Das Objekt könnte, allein wegen der tatsächlichen Nutzungsart des Mieters, an Wert verlieren. Aus diesem Grund ist es nicht empfehlenswert, den Mietzweck derart weit zu vereinbaren, dass der Vermieter gar keinen Handlungsspielraum für die Beschränkung der Nutzung des Mietobjektes mehr hat.

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Autor: GROSS Rechtsanwaltsgesellschaft mbH

Bildnachweis: Pixabay


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